Die mir am meisten gestellte Frage lautet: „Wie bist du eigentlich Pilot geworden?“
Hierbei ist es egal ob ich als Fluglehrer mit Flugschülern unterwegs bin, wir gerade nach einem grandiosen Rundflug gelandet sind oder ob ich mit neuen Interessenten für die Tragschrauberlizenz telefoniere.
So oft diese Frage gestellt wird, so oft erinnere ich mich an einen der besten Momente die ich bisher erleben durfte.
Anfang 2016: Auf der Arbeit erzählt mir ein Kollege er habe am Flugplatz Saarlouis einen kleinen Hubschrauber gesehen (heute weiß ich dass er einen Gyrocopter meinte 😉) und das wäre doch sicher was für mich.
Wie so oft zogen die Tage ins Land und durch Zufall fand ich die Nummer von Jochen – der scheint also Tragschrauber fliegen zu können. Nach dem ersten netten Telefonat trafen wir uns wenige Tage später am Flugplatz in Saarlouis.
Schon beim aussteigen aus dem Auto bemerkte ich den Wind, böig, wild – die Wolken zogen nur so an uns vorbei.
„Mit fliegen wird das ja dann heute leider nix“ – ich hatte den Satz noch nicht beendet und Jochen begann zu lachen. Seitenwind, 25 km/h, außer uns niemand da – na dann schauen wir mal.
Bevor ich mich versah war ich eingekleidet und saß vorne im Tragschrauber – ich war Pilot.
Zumindest war ich auf dem Weg dorthin….
Wir flogen eine gute Stunde über dem Saarland, die Böen merkte man kaum, die Wolken doch höher als erwartet und das Flugerlebnis war bedeutend angenehmer als ich es initial vermutete.
Der Tragschrauber spielte seine perfekten Flugeigenschaften an diesem Tag voll aus und ich war von Minute zu Minute begeisterter.
Kurz vor Ende tat sich ein Loch in den Wolken auf, Jochen wollte mir „etwas“ zeigen.
Dieses etwas ist bis heute einer der einzigartigsten Momente an die ich mich erinnern kann:
Wir stiegen durch das Wolkenloch immer weiter und höher. Umringt von Wolken dachte ich mir noch wir unwirklich und faszinierend es doch ist.
Kurz darauf befanden wir uns über der weitgehend geschlossenen Wolkendecke, wir konnten Kilomter weit schauen und überall ragten Wolkentürme hervor.
Dieser Anblick hat bis heute nichts an seiner Faszination verloren – und so unterschrieb ich kurz darauf als Flugschüler meinen Ausbildungsvertrag.
Nach etlichen Stunden in der Luft, vielen Touren quer durch Deutschland und ebenso vielen wunderschönen Momenten hielt ich dann wenige Monate später meine Pilotenlizenz in den Händen.
Voller Stolz und mit steigender Begeisterung flog ich nun Rundflüge in Saarlouis, Trier, Pirmasens – eben überall wo es sich mit dem Gyrocopter gerade anbot. Erst alleine, später mit Thorsten, der kurz nach mir die Ausbildung beendet hat.
So verging das erste Jahr sprichwörtlich im Fluge.
Neben dem faszinierenden Blick über die Wolken gab es ein weiteres einschneidendes Erlebnis, welches sich kurz vor Ende der Saison ereignete.
Gemütlich saßen wir zusammen, Piloten, Freunde, Interessierte – wie so oft eine gesellige Runde, gutes Essen und viel Spaß.
Wir witzelten darüber wie es nun weiter gehen sollte mit der Tragschrauber Fliegerei: Costa Rica? Portugal? Straße von Gibraltar? Schweden? Mainz?
Wir schauten uns an und wiederholten „Mainz?“.
Jochen hatte von einem Fluglehrerlehrgang in Mainz-Finthen erfahren, Thorsten und ich schauten uns an und lachten.
6 Wochen später landeten wir am Flugplatz Mainz und begannen die Ausbildung zum Fluglehrer.
Was an diesem Abend noch als Witz erschien war nun Realität und genauer betrachtet nur die logische Konsequenz unserer unermüdlichen Flugbegeisterung.
So stolperten wir in diesen Fluglehrerlehrgang, erflogen anfangs unerreichbare Manöver und merkten Stunde um Stunde, dass dieser Kurs unser Können auf unfassbare Weise voranbringt.
Was hier in wenigen Zeilen geschrieben steht war in der Realität ein Prozess über ca. 3 Jahre – und so stehen wir heute am Flugplatz.
Kleiden unsere Fluggäste und Flugschüler ein und bringen ihnen die faszinierende Welt des Tragschraubers näher – und bei jeder Gelegenheit schauen wir über die Wolken.
Nach mehreren hundert Stunden in der Luft, ein paar tausend Landungen und Flügen rund um die Welt:
Über den Wolken ist die Freiheit tatsächlich grenzenlos.