Eigentlich sollte es eine kleine Tour nach Mosbach werden….Hinfliegen, Cross-Check und wieder zurück…..eigentlich!
Cross-Check – Was ist das denn?
Der Cross-Check ist Bestandteil der Ausbildung zum Gyrocopter Piloten und ist vor dem ersten Alleinflug vorgeschrieben.
Konkret bedeutet das, dass die bisher erlernten Fähigkeiten eines jeden Flugschülers nochmals von einem weiteren Fluglehrer geprüft werden, der sich in einer Art Prüfungsflug ein Bild davon macht, ob man auch alleine in der Lage wäre, einen sicheren Flug von Anfang bis Ende durchzuführen.
Als Flugschüler ist der Cross-Check also neben der Theorieprüfung ein weiterer Meilenstein auf dem Weg zur Fluglizenz.
Das bekanntlich wechselhafte “Aprilwetter” machte uns aber bereits bei der Planung einen gewaltigen Strich durch die Rechnung, denn alles an einem Tag war aufgrund der Vorhersagen im Flugwetter und Regenradar nicht möglich.
Wir entschlossen uns daher, freitags abends in Saarlouis-Düren zu starten und nach der Ankunft in Mosbach auch dort zu übernachten. Bei der Abmeldung aus der Platzrunde verabschiedete sich mein Fluglehrer Jochen mit den Worten “bis morgen oder übermorgen”.
Bis übermorgen???
Wir kommen doch morgen wieder heim?!?
Spoiler: Es wurde übermorgen!!!
Aber zu diesem Zeitpunkt wussten wir ja noch nicht, auf was wir uns da eingelassen haben und genossen daher zunächst mal einen entspannten Flug mit Kurs auf Mosbach und einem Touch-&-Go in Pirmasens. Der Pfälzer Wald konnte in 1.500m Höhe gut überflogen werden, da wir kaum Wolken an diesem Abend hatten und die Sichtweite bis zum Horizont reichte. Danach ging es vorbei am Holiday Park in Haßloch, dem bekannten Technik-Museum in Speyer und der wunderschönen Stadt Heidelberg bis zu unserem Ziel, dem Flugplatz Mosbach-Lohrbach.
Am nächsten Tag war es dann so weit.
Nach ein paar Platzrunden und Ziellandeübungen zum “wach werden” folgte um 10:00 Uhr der Cross-Check.
Eine kurze Besprechung des Ablaufs und es ging wieder in die Luft.
Und auch wenn man den fremden Fluglehrer hinter sich noch nie vorher gesehen hat, fühlt es sich zwar anfangs ungewohnt, aber keinesfalls “fremd” an.
Man hat ja schließlich lange und intensiv auf diesen Tag hin trainiert und sich auch mental darauf vorbereitet, sodass es letztlich ein Flug wie jeder andere war, aber zugegebenermaßen mit einem deutlich gesteigerten Nervositätslevel.
Der Cross-Check selbst enthält so ziemlich alles, was auch im offiziellen Prüfungsflug zur Erlangung der Fluglizenz gefordert wird. Ein paar Inhalte in aller Kürze:
– Flugvorbereitung mit Instrumentencheck
– korrekte Funksprüche am Boden und in der Luft
– Platzrunden mit anschließenden Landungen und Rollübungen
– Ziellandeübungen aus unterschiedlichen Höhen
– Schleppgaslandungen und Landungen mit Motor im Leerlauf
– usw.
Die knappe Stunde Flug hat sich angefühlt wie 5 Minuten und am Boden in der Nachbesprechung gab es dann die lang ersehnten Worte “Cross-Check bestanden” zusammen mit der Unterschrift im Ausbildungsnachweisheft.
11:00 Uhr….der stressigste Teil des Tages wäre damit geschafft…..ähm…….nein!
Gut gelaunt und natürlich stolz wie Oskar machten wir uns wieder auf den Heimweg, doch während der Flugvorbereitung wussten wir schon, dass es kein allzu angenehmer Flug werden würde.
Wir warteten also auf eine wolkenlose und sonnige Lücke am Himmel, um nicht schon nach den ersten Minuten in den Regen zu kommen. Bis nach Speyer haben wir es trotz Gegenwind auch geschafft, sind dann aber dort gelandet weil der Regen immer näher kam und wir mittlerweile auch ein wenig Hunger hatten.
Kaum gelandet, hat der Regen unseren Gyrocopter schön “geduscht”….wir hatten an alles gedacht, außer an eine Regenplane…aber naja, nasser als nass geht’s ja ohnehin nicht.
Immerhin konnten wir die Sitzkissen vor dem Regen retten.
Circa eine Stunde später hat sich das Aprilwetter wieder von seiner besten Seite gezeigt:
Strahlend blauer Himmel mit unendlicher Sichtweite.
Ohne vorherige Flugplanung und den Blick ins Flugwetter hätte man es für perfektes Flugwetter halten können. Der Schein trügt, aber wir waren vorbereitet.
Also schnell rein in den Tragschrauber und Kurs auf den Pfälzer Wald in Richtung Heimat, um vor der nächsten Regenfront wieder in Saarlouis zu sein.
Aufgrund des immer stärker werdenden Gegenwinds kamen wir nur langsam voran und konnten in der Ferne beobachten, was man im Theoriekurs über das Wetter gelernt hat:
Die Windgeschwindigkeit und die Böen nehmen zu und die sich schnell bildenden Wolken türmen sich bis in hohe Luftschichten auf. Alles Anzeichen für ein Gewitter auf das wir gerade zuflogen!
Die nun folgenden Chronologie macht deutlich, wie wichtig eine solide Flugvorbereitung in Verbindung mit dauerhafter Wetterbeobachtung ist und wie essentiell es ist, schnelle Entscheidungen zu treffen, auch wenn sie noch so unangenehm oder kompliziert erscheinen.
Plan A, auf direktem Weg bis nach Saarlouis zu kommen, mussten wir aufgrund der Gewitterfront in der Ferne aufgeben.
Der Wind, und damit auch das Gewitter kamen von Westen und damit genau aus der Richtung, in die wir fliegen mussten.Wir würden früher oder später also voll ins Gewitter einfliegen, was einerseits luftrechtlich nicht erlaubt ist und andererseits tödlich enden kann.
Plan B war ab diesem Zeitpunkt, noch über den Pfälzer Wald zu kommen (wir waren ja bereits in der Hälfte) und in Pirmasens zu landen, um das Unwetter vorbei ziehen zu lassen.
Aber auch dieser Plan hat sich schnell als unmöglich herausgestellt, da die Gewitterfront immer schneller auf uns zu kam. Wir versuchten noch, südlich an der Front vorbei zu fliegen, haben aber nach einigen Minuten feststellen müssen, dass sich die Wolken über die gesamte Nord-Süd Ausdehnung des Pfälzer Waldes gelegt haben. Es gab also kein Weg dran vorbei!
Plan C musste dann sehr schnell ausgearbeitet und umgesetzt werden:
Umdrehen und mit Rückenwind zurück aus dem Pfälzer Wald raus….weg von Zuhause!
Aber wir haben uns doch schon so weit vorgearbeitet, war das alles umsonst?
Es wird schon irgendwie gutgehen, vielleicht sind die Wolken ja gar nicht so tief wie man denkt und wir könnten ja noch einige hundert Meter sinken.
Vielleicht sollten wir noch etwas weiter südlich fliegen….oder vielleicht sogar nördlich versuchen, da sieht’s sogar deutlich besser aus. Wir warten einfach mal ab was passiert.
Die ganz klare Antwort hierauf lautet: NEIN, NEIN und NEIN!
Dank unserer Gespräche mit dem Deutschen Wetterdienst auf dem Pilotentag in Langen und der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung auf der AERO in Friedrichshafen wissen wir, dass ein Flug bei Verlust der Sicht (innerhalb einer Wolke) sehr schnell sehr gefährlich werden kann und die meisten Flugunfälle aufgrund falscher Einschätzungen auf dem Heimweg passieren.
In solch einer Situation gibt es kein “wir warten mal was passiert” oder “wir versuchen es trotzdem”, sondern nur eine klare Entscheidung, der Gefahr zu entkommen!
(Das uns sicherlich allen vom Autofahren bekannte “Rechts-ran-fahren” und abwarten funktioniert in der Luft leider nicht.)
Also hieß es für uns, raus aus dem Pfälzer Wald und zurück dorthin wo wir herkamen.
Der Flugplatz Bad-Dürkheim war der nächstgelegene Platz, sodass wir auf geradem Weg dorthin flogen und landeten. Der Gyrocopter war noch keine Minute in der Halle, da erreichte uns auch schon das Gewitter mit heftigem Wind und starkem Regen.
Dank der hervorragenden Hilfsbereitschaft der Flugleitung in Bad Dürkheim stand der Tragschrauber diesmal auch sicher und trocken und wir konnten uns bei einem warmen Cappuccino im Flugplatz-Restaurant erst einmal aufwärmen.
Plan D, das Gewitter abzuwarten und es dann nochmal zu versuchen, hat sich nach einem erneuten Blick ins Regenradar und auf die Uhr schnell erledigt. Wir hätten es zeitlich nicht mehr vor Anbruch der Dunkelheit nach Saarlouis geschafft und wären mit hoher Wahrscheinlichkeit wieder auf ein Gewitter zugeflogen.
Dank einer Liste mit Hotels und Gaststätten, die wir vom Tower erhalten haben, konnten wir uns noch schnell ein Hotel für die kommende Nacht suchen, das sogar nur ein paar Minuten Fußweg entfernt lag.
Hätten wir vorher gewusst, welche interessanten Begegnungen wir hier noch machen würden, wären wir wahrscheinlich schon viel früher nach Bad Dürkheim zurückgeflogen. 😉
Nette Gespräche mit Menschen aus ganz Deutschland, ein Junggesellenabschied der schon um 23:00 Uhr im Bett lag und leckerer Pfälzer Spargel von einem ausgezeichneten Hobbykoch machten den Abend zu einem tollen Erlebnis. Die Widrigkeiten der letzten Stunden waren da schnell vergessen!
Aber da wir Bad Dürkheim alleine aufgrund des begrenzten Unterhosen-Vorrats nicht zu unserer neuen Heimat machen konnten, standen wir bereits um 09:00 Uhr wieder am Flugplatz, da laut Flugwetter und Regenradar dies das einzige Zeitfenster war, zumindest einigermaßen trocken bis nach Saarlouis zu kommen.
Der Pfälzer Wald meinte es mit seinen tief liegenden Wolken wieder nicht gut mit uns, sodass wir uns dazu entschieden, nördlich (an Kaiserslautern und der Militärbasis Ramstein) vorbei zu fliegen.
Die Navigation bei ungewohnt geringer Sichtweite machte zusammen mit der Kälte und dem Regen eher wenig Spaß, aber wir kamen dem heimischen Flugplatz immer näher und landeten schließlich sicher und gut gelaunt in der Heimat, kurz bevor es auch dort aus “Eimern schüttete”.
Aus Sicht eines Flugschülers waren diese 3 Tage, sowohl von der Belastung als auch den gemachten Erfahrungen in der Luft und am Boden, von unschätzbarem Wert. Eines Tages werden diese Erinnerungen dafür sorgen, bereits frühzeitig (die richtigen!) Entscheidungen zu treffen um sich selbst und dem Passagier einen schönen und vor allem sicheren Flug zu ermöglichen.
Denn der Weg ist das Ziel und manchmal muss man auch mal eine Umleitung nehmen, um wieder nach Hause zu kommen.
Abschließen möchte ich meinen Bericht mit einem Spruch, der mir seitdem besonders im Gedächtnis geblieben ist:
“Es ist besser, man steht am Boden und wünscht sich in der Luft zu sein,
als in der Luft zu sein und sich zu wünschen, am Boden zu stehen!”
In diesem Sinne, allzeit guten Flug!